Insel Aegina und es kommt alles anders als man denkt

15. Mai 2025

Unser Anker­platz vor dem Hafen auf Sala­mi­nas stell­te sich bei den ange­kün­dig­ten star­ken Win­den als nicht prak­ti­ka­bel für einen wei­te­ren Auf­ent­halt raus. In der gro­ßen Bucht auf Sala­mi­nas bau­en sich bei SW-Win­den unan­ge­nehm hohe Wel­len auf, die ein Ankern dort nicht sicher machen.

Des­halb also Plan­än­de­rung: Anker auf und ab nach Poros, um dem zu ent­ge­hen und unse­rem Ziel Rich­tung Pelo­pon­nes näher zu kom­men.

Ent­ge­gen der Wet­ter­vor­her­sa­ge war dann doch nur so halb­wegs Segel­wet­ter. Die ers­te Hälf­te der Stre­cke kamen wir mit Motor­se­geln und Wel­le von hin­ten gut vor­an und hat­ten nur noch etwa 3 Stun­den bis Poros vor uns.

Auf Höhe der Insel Aegi­na stell­te der Steu­er­bord­mo­tor uner­war­tet sei­nen Dienst ein. Er ging ein­fach aus und ließ sich nicht mehr star­ten. Unse­re Ver­mu­tung war, dass der Pro­pel­ler sich eine Fischer­lei­ne “gean­gelt” hat­te und die­se den Pro­pel­ler blo­ckier­te. Als ers­tes ist Jür­gen dann in den Maschi­nen­raum und hat dort geprüft, ob sonst etwas mit dem Motor sein könn­te — soweit es schien, alles ok.


Also wie­der zurück zur Dia­gno­se “Lei­ne im Pro­pel­ler”. Das zu bestä­ti­gen geht nur mit­tels tau­chen. Jür­gen berei­te­te sich auf einen Tauch­gang vor und ich ver­such­te, mit nur einem Motor die Be Hap­py Rich­tung Moni Island oder Aegi­na zu bewe­gen. Bei­des — also Tauch­gang zur Scha­dens­fest­stel­lung und Kurs hal­ten Rich­tung Aegi­na oder Moni Island ging in der Wet­ter­si­tua­ti­on (0,80 m Wel­len und Wind von 20 kn mit Böen von 25 kn) mit nur einem Motor nicht.

Tau­chen bei der Wel­le mit auf- und abschla­gen­dem Heck ist zu gefähr­lich. Die Gefahr bei so einer Akti­on unter dem Schiff vom Rumpf erschla­gen zu wer­den ist ein­fach zu groß.

Bei den Wet­ter­be­din­gun­gen war es uns nicht mög­lich, mit nur einer Maschi­ne den Kurs zu hal­ten. Es bestand die Gefahr, durch Wind und Wel­le aus süd­li­cher Rich­tung auf die klei­ne Fel­sen­in­sel Meto­pi getrie­ben zu wer­den. Jür­gen ent­schied dann, dass Hil­fe von ande­rer Sei­te her muss­te. Er setz­te also via Funk einen Dring­lich­keits­ruf ab.

PAN PAN PAN …

Sekun­den spä­ter, viel schnel­ler als erwar­tet, mel­de­te sich Olym­pia Radio, das MRCC Athen. Von dort erfolg­te die Abfra­ge unse­rer Daten und es wur­den sofort Maß­nah­men ein­ge­lei­tet, um uns zu hel­fen.

Zwi­schen­zeit­lich hat­ten sich auf den PAN-PAN-PAN Ruf auch schon 2 wei­te­re Segel­boo­te in der Nähe gemel­det, die ihre Hil­fe anbo­ten. Wei­ter­hin wur­de zur Sicher­heit eine Fäh­re der Ever­mo­re Crui­ses, die COSMOS, vom MRCC Athen ange­wie­sen, ihren Kurs zu ändern und neben unse­rem Boot solan­ge zu ver­wei­len, bis die “Ret­tungs­ak­ti­on” abge­schlos­sen war.

Die Port Poli­ce von Aegi­na funk­te uns eben­falls an, frag­te nach der Art der benö­tig­ten Hil­fe und schick­te bin­nen 20 Minu­ten das Res­cue-Boot aus Aegi­na mit einem Tau­cher los. Die­ses traf wenig spä­ter bei uns ein; ein Besat­zungs­mit­glied stieg vom Res­cue­boot auf die Be Hap­py über und über­nahm ab dann die Rück­füh­rung des Boo­tes in den Hafen von Aegi­na.

Anto­nio vom Res­cue-Boot manö­vrier­te mit­tels Tele­fon-Abspra­che mit sei­nem Bru­der auf dem Res­cue­boot die Be Hap­py in den Hafen von Aegi­na. Das Res­cue­boot konn­te uns mit­tels “anstup­sen” in Fahrt­rich­tung hal­ten, bis wir dann im Hafen auf einen frei­en Fischer­boot­platz so halb­wegs fest­ma­chen konn­ten. Mit Hil­fe von einer Kata­ma­ran­crew, die zwei Plät­ze neben uns lag, konn­te die Be Hap­py fest­ge­macht wer­den und ein Rumpf­scha­den in letz­ter Sekun­de ver­hin­dert wer­den, als die Be Hap­py gegen eine Beton­ecke am Kai gedrückt wur­de.

Der hin­zu­ge­ru­fe­ne Hafen­meis­ter küm­mer­te sich sofort um einen Mecha­ni­ker für den Motor und Anto­nio besei­tig­te die Lei­ne um den Pro­pel­ler. Trotz der ent­fern­ten Lei­ne sprang der Motor nicht an. Der Mecha­ni­ker stell­te dann eine Blo­cka­de im Die­sel­an­saug­schlauch fest. Nach­dem dann bei­de Pro­ble­me beho­ben waren, hät­ten wir wie­der wei­ter­fah­ren kön­nen…

…wenn uns dann nicht eine spe­zi­el­le grie­chi­sche Rege­lung einen Strich durch die Rech­nung gemacht hät­te:

Kurz nach­dem wir fest­ge­macht hat­ten, kam jemand Offi­zi­el­les von der Port Poli­ce; “der Skip­per sol­le mit den Boots­pa­pie­ren” in deren Büro kom­men. Soweit ja erst­mal nichts Beson­de­res und nach dem Pan-Ruf war klar, dass das noch dort geklärt wer­den müss­te. Jür­gen schnapp­te sich also unse­re Map­pe und war erst­mal län­ge­re Zeit fort. In der Zeit war die Be Hap­py vom Mecha­ni­ker und dem Tau­cher wie­der see­tüch­tig gemacht wor­den.

Es dau­er­te und dau­er­te — zwi­schen­drin rief Jür­gen kurz an, dass er noch län­ger dort brau­chen wür­de. Als er dann end­lich zurück kam, erklär­te er mir, dass die Be Hap­py von der Port Poli­ce still gelegt wor­den sei, er die Boots­pa­pie­re habe abge­ben müs­sen und nun ein mit der Deut­schen Bot­schaft zu klä­ren­des Ver­fah­ren zur Frei­ga­be abge­spro­chen wer­den müs­se.


Begrün­dung der Port-Poli­ce: “Wenn das Schiff nicht sicher fah­ren konn­te ver­liert es in Grie­chen­land die Betriebs­zu­las­sung” — und noch schlim­mer : “Um die Betriebs­zu­las­sung wie­der­zu­be­kom­men bräuch­ten wir einen von der Deut­schen Bot­schaft zuge­las­se­nen Boots­sach­ver­stän­di­gen, der die Be Hap­py begut­ach­tet und zum Betrieb wie­der frei gibt.”

Am nächs­ten Mor­gen habe ich dann bei der Deut­schen Bot­schaft ange­ru­fen und Gott sei Dank eine fähi­ge Mit­ar­bei­te­rin am Tele­fon gehabt. Sie sag­te, es sei gar kein Pro­blem — das sei ein in Grie­chen­land übli­ches Ver­fah­ren. Sie hat unse­re Boots- und Kon­takt­da­ten sowie die der Port Poli­ce erfragt. Sie wer­de sich küm­mern und sich dann wie­der mel­den.

Jür­gen ist ja nicht so der gro­ße Fan des War­tens, also begab er sich dann eben­falls wie­der mit unse­re Unter­la­gen­map­pe zur Port Poli­ce. Die Mit­ar­bei­ter der Port Poli­ce waren schon nicht mehr “amu­sed” Jür­gen zu sehen; bei inkom­pe­ten­ten Leu­ten hat er schon mal so sei­ne Pro­ble­me, die Ner­ven zu behal­ten.

Es gab viel Strei­te­rei mit dem grie­chi­schen Unter­ta­nen des Hafen­meis­ters (die­ser war der ein­zig kom­pe­ten­te und hilf­rei­che Beam­te dort). Unter Zuhil­fe­nah­me der Bot­schaft, also eini­ger Tele­fo­na­te von Frau Pata­ni­ko­lao mit der Port-Poli­ce, hat sie den grie­chi­schen Beam­ten in sehr lau­ten und deut­li­chen Wor­ten (die Jür­gen lei­der wegen grie­chisch nicht ver­stan­den hat) den “Kopf gewa­schen” und klar gemacht, dass wir nach Vor­la­ge von 2 E‑Mail Doku­men­ten aus der Bot­schaft sowie einer schrift­li­chen Bestä­ti­gung des grie­chi­schen Mecha­ni­kers am Frei­tag­mit­tag end­lich die Boots­pa­pie­re zurück beka­men und die Be Hap­py wie­der frei­ge­ge­ben wur­de.

Nach deut­schem Recht ist Jür­gen als “Kapi­tän” bzw. Skip­per in letzt­lich allei­ni­ger Ver­ant­wor­tung, um zu ent­schei­den, ob das Boot see­klar ist oder nicht.

Wir hat­ten am Abend vor­her über­legt, ob wir dann nicht doch noch eine Nacht län­ger im Hafen blei­ben sol­len, wenn wir eh schon hier sind. Der Hafen war dann aber an dem Tag so von Char­ter­boo­ten fre­quen­tiert, es herrsch­te ein heil­lo­ses Cha­os beim An- und Able­gen, Anker ver­hak­ten sich in der Moo­ring­ket­te des Hafens, Fäh­ren gin­gen rein und raus, Fischer­boo­te dazwi­schen — welch ein Graus. Und wir hät­ten noch­mal ver­ho­len müs­sen, weil wir ja nur an einem sehr unsi­che­ren Platz lagen (nachts hat­ten wir übri­gens im Regen noch mit dem Fischer hin­ter uns eine Stun­de lang die Be Hap­py mit zusätz­li­chen Lei­nen gesi­chert, weil der Wind dreh­te). Des­halb fiel uns die Ent­schei­dung auch nicht schwer, die­sen Hafen zu ver­las­sen und wei­ter nach Poros zu fah­ren.

Resü­mee:

Es ist gut zu wis­sen, dass das Ret­tungs­sys­tem funk­tio­niert und bei Bedarf, wenn man einen offi­zi­el­len Ruf macht, auch alle bemüht sind Hil­fe zu leis­ten.

Gut, dass Jür­gen aus sei­nem “frü­he­ren Leben” sol­che Funk­sprü­che und Abläu­fe aus dem eff-eff beherrscht. Er ist da so cool durch die Abspra­chen und die Ret­tungs­ak­ti­on durch.

Und gut für Jür­gen, dass er kein Frau­chen hat, was in sol­chen Situa­tio­nen hys­te­risch heu­lend zusam­men­bricht. Ich brauch zwar mei­ne kla­ren Anwei­sun­gen vom Skip­per — aber dann läufts.

Zwei tech­ni­sche “Klei­nig­kei­ten” — gro­ße Wir­kung. Gut, dass alles so glimpf­lich aus­ge­gan­gen ist.

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